Fehlende Botenermächtigung des Maklers

Immobilienmaklerrecht

Und wieder liegt ein aktuelles Judikat des Obersten Gerichtshofes vor, welches allgemeinhin große Beachtung in der Rechtswissenschaft gefunden hat mit fundamentaler Bedeutung für die Branche der Immobilienmakler. Ich möchte Ihnen gerne die Highlights dieser oberstgerichtlichen Entscheidung nahe bringen wie folgt:

1./ Sachverhalt:

  • Der Makler ist Kläger. Zuvor war er vom Eigentümer einer Dachgeschosswohnung in Wien mit der Vermittlung zu einem Kaufpreis von EUR 320.000,- beauftragt worden.
  • Der nun kommende Kaufinteressent ist Beklagter in unserem Verfahren.
  • Am 04.08.2011 fand die erste Besichtigung statt.
  • Die Glaskuppel der Dachgeschosswohnung wies zwei Sprünge auf. Der Kaufinteressent (Beklagter) fand sich mit dieser Beschädigung ab.
  • Nach einer weiteren Besichtigung unterfertigte der Beklagte bereits am 06.08.2011 ein Kaufanbot.
  • Das Kaufanbot ist ein normales befristetes Kaufanbot. Es war befristet bis 12.08.2011.
  • Das Kaufanbot enthielt nachstehende nicht hervorgehobene Textpassage:

„Sollte der Kauf trotz Annahme des Anbots deswegen nicht zustande kommen, weil ich entgegen den bisherigen Verhandlungsverlauf einen für das Zustandekommen des Geschäfts erforderlichen Rechtsakt ohne beachtenswerten Grund unterlasse, dann ist der Makler berechtigt, den Betrag in Höhe des vereinbarten Honorars als rechtmäßigen Schadenersatz in Rechnung zu stellen.“

  • •Mit Schreiben vom 12.08.2011 erklärte der Beklagte gegenüber dem Makler und dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung seinen Rücktritt vom Kaufanbot. Als sehr freche Begründung merkte er an, dass ein versteckter Baumangel der Glasdachkuppel vorliege, über den er nicht aufgeklärt worden sei.
  • Am 11.08.2011 hatte der Eigentümer der Dachgeschosswohnung das befristete Kaufanbot angenommen.
  • Der Eigentümer der Dachgeschosswohnung beabsichtigte nach dem Rücktritt der beklagten Partei keine Klage auf Zuhaltung gegen den Kaufinteressenten (Beklagter). Der Eigentümer der Dachgeschosswohnung wollte einen anderen Kaufinteressenten suchen.
  • Bereits am 22.08.2011 wurde die Wohnung an einen anderen Kaufinteressenten verkauft.

2./ Prozess:

  • Der Makler klagt nun den Kaufinteressenten (Beklagter) auf Zahlung der Käuferprovision in Höhe von EUR 11.520,00.
  • Das Erstgericht gibt dem Klagebegehren statt.
  • Das Berufungsgericht bestätigt das Ersturteil.
  • Und nun Achtung: Der OGH änderte die Urteile des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes ab und weist das Klagebegehren des Maklers auf Zahlung seiner Provision rechtskräftig ab.
  • Hääää? Wie kann es dazu kommen, fragt man sich?
  • Als uneingeschränkter Verfechter der Kompetenz des OGH interessieren mich nun freilich die Entscheidungsgründe. Am Ende dieser Exploration wird man sehen, dass der OGH auch diesmal (wie beinahe immer) im Recht ist. Dies auch, wenn es zunächst aus der Sicht des klagenden Maklers ärgerlich ist. Wie man sehen wird, liegt es aber in der Hand des Maklers selbst, dass es dazu (Klagsabweisung seines Provisionsanspruchs) nicht kommt. Also aufgepasst, Ärmel hochkrempeln und in die Hände spucken:
  • Gemäß § 6 Abs 1 MaklerG hat der Kaufinteressent Provision zu bezahlen, wenn das vermittelte Kaufgeschäft durch die verdienstliche Tätigkeit des Maklers zustande kommt. Der Provisionsanspruch entsteht mit der Rechtswirksamkeit des Kaufgeschäftes. Kommt das Kaufgeschäft nicht zustande entfällt der Provisionsanspruch.
  • Der Provisionsanspruch entfällt auch, wenn das Kaufgeschäft aus wichtigen Gründen rückgängig gemacht wird. Für den Provisionsanspruch genügt es, wenn der Makler durch seine Tätigkeit den Abschluss einer Punktation erreicht (6 Ob 195/13i). Der Kaufvertrag ist grundsätzlich dann perfekt, wenn über den Kaufgegenstand und über den Kaufpreis Einigung besteht (2 Ob 126/13p).
  • Nebenpunkte müssen nicht besprochen sein. Die fehlenden Punkte sind vielmehr aus dem Willen der Parteien zu erschließen oder aus dem Gesetz zu ergänzen.
  • Wurden jedoch einzelne Punkte zur Klärung vorbehalten, dann ist der Vertrag erst zu dem Zeitpunkt perfekt, wenn sich die Parteien auch darüber geeinigt haben (2 OB 126/13p).
  • Eine Punktation und damit der Provisionsanspruch entsteht also bereits mit Einigung der Parteien über die wesentlichen Punkte des Kaufvertrages (Kaufpreis und Gegenstand). Dies begründet bereits einen klagbaren Anspruch auf Unterfertigung einer Kaufvertragsurkunde.
  • Und nun zu unserem Prozess. Das Ersturteil stellt fest, dass sich die Parteien über die wesentlichen Punkte des Vertrages geeinigt hatten (Kaufpreis und Kaufgegenstand). Das Erstgericht stellt fest, dass es keine Uneinigkeit über Nebenpunkte gab. Hinsichtlich der beiden Sprünge in der Glaskuppel stellt das Erstgericht fest, dass sich der Beklagte mit diesen Schäden abgefunden hatte und diese daher keinen Grund zum Rücktritt vom Vertrag bilden können.
  • Das Erstgericht stellt damit fest, dass die beklagte Partei mit dem befristeten Kaufanbot gebunden war bis zum 12.08.2011.
  • Also, so würde man meinen, keine guten Karten für den Beklagten.
  • Also würde man meinen, gute Karten für den Makler und seinem Provisionsanspruch, den er mit Klage geltend macht.
  • Und nun schon der entscheidungswesentliche Punkt:
  • Nicht strittig ist, dass der Kaufinteressent (Beklagte) an das befristete Kaufanbot gebunden war bis zum 12.08.2011. Diese Bindung entspringt der gesetzlichen Bestimmung des § 862 Satz 3 ABGB.
  • Nicht strittig ist, dass der Eigentümer der Dachgeschosswohnung am 11.08.2011, also innerhalb der Bindungsfrist (12.08.2011), das Kaufanbot durch Unterfertigung des Kaufanbotes angenommen hatte.
  • Strittig ist nun aber, ob der Makler (Kläger) den Kaufinteressenten (Beklagter) diese Annahme des Kaufanbotes durch den Eigentümer auch tatsächlich innerhalb der Anbotsfrist (12.08.2011) dem Kaufinteressenten (Beklagter) zukommen hat lassen. Das ist der entscheidungswesentliche Punkt. Diese Notwendigkeit entspringt der gesetzlichen Bestimmung des § 862a Satz 1 ABGB.
  • Die Behauptungs- und Beweislast für den Zugang der Annahmeerklärung trifft denjenigen, der daraus Rechte ableiten will. In unserem Fall eben der Makler sein Recht auf Provisionszahlung (RIS-Justiz RS0014073).
  • Und nun kommts. Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht haben noch die Rechtsansicht vertreten, dass der Makler jedenfalls durch seinen Vermittlungsauftrag als Empfangsbote des Kaufinteressenten (Beklagter) fungiert. Darauf hat sich der Makler ((Kläger) in diesem Prozess gestützt. Eines ist nämlich klar, nach ständiger Judikatur wirkt eine Erklärung an den Empfangsboten fristgerecht auch für seinen Auftraggeber; Ist nun der Makler durch seinen Vermittlungsauftrag auch Empfangsbote des Kaufinteressenten (Beklagter)? Der OGH vernichtet die Rechtsansicht des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes (die noch davon ausgegangen waren, dass der Makler Empfangsbote des Kaufinteressenten sei) und stellt unmissverständlich klar: Der Makler ist nicht Empfangsbote des Kaufinteressenten.
  • Damit hat aber die vom Eigentümer der Dachgeschosswohnung am 11.08.2011 (also innerhalb der Anbotsfrist vom 12.08.2011) fristgerecht abgegebene Annahmeerklärung des Anbots keine Wirksamkeit erlangt gegenüber dem Kaufinteressenten (Beklagter), da der Makler diese Annahmeerklärung des Eigentümers der Dachgeschosswohnung nicht innerhalb der Frist (12.08.2011) an den Kaufinteressenten (Beklagter) weiter geleitet hatte. Die an ihn (Makler) vom Eigentümer abgegebene fristgerechte Annahmeerklärung (11.08.2011) zählt nichts.
  • Der OGH begründet dies auch: Die Aufgabe des Maklers ist die Vermittlung von Geschäften. Er hat als solcher von niemanden Vertretungsmacht (P. Bydlinski in KBB § 1002 Rz 8). Er ist daher in der Regel auch nicht befugt, für den Kaufinteressenten oder für sonst wen Erklärungen abzugeben oder entgegen zu nehmen. Es kommt ihm gemäß § 2 Abs 1 MaklerG aus diesem Grund auch keine gesetzliche Abschlussvollmacht zu.
  • Er kann sich aber dazu vertraglich eine Vollmacht einräumen lassen. Dies ist aber im gegenständlichen Fall nicht geschehen. Eine derartige vertragliche Ermächtigung ist vom Maklervertrag aber nicht automatisch umfasst.
  • In unserem Prozess hat der Makler durch seinen Rechtsanwalt auch nicht behauptet eine solche Empfangsvollmacht erteilt erhalten zu haben. Der Makler als Kläger ist daher seiner Behauptungs- und Beweislast in diesem Verfahren nicht nachgekommen. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der Makler Empfangsbote des Kaufinteressenten (Beklagter) war. Eine vertragliche Einräumung einer Empfangsvollmacht lag nicht vor. Es konnte daher die durch den Eigentümer abgegebene fristgerechte Annahmeerklärung (11.08.2011) gegenüber dem Kaufinteressenten (Beklagter) nicht wirken, da diese Annahmeerklärung des Eigentümers der Dachgeschosswohnung nicht durch den Makler an den Kaufinteressenten (Beklager) innerhalb der Anbotsfrist (12.08.2011) weitergeleitet wurde.
  • Resultat: Es ist daher zu keinem wirksamen fristgerechten Vertragsabschluss zwischen Kaufinteressenten (Beklagter) und dem Eigentümer der Dachgeschosswohnung gekommen. Es konnte daher der Kaufinteressent (Beklagter) nach Ablauf der Anbotsfrist (12.08.2011) wirksam vom Vertrag zurücktreten bzw. hätte es einer solchen Rücktrittserklärung gar nicht mehr bedurft, weil eben gar kein Vertrag wirksam zustande gekommen war. Der Makler hat demnach keinen Anspruch auf Provision gegenüber dem Kaufinteressenten (Beklagter). Die Klage wurde demnach abgewiesen.
  • Und nun noch ein Satz zu der im Maklervertrag aufgenommenen Bestimmung:

    „Sollte der Kauf trotz Annahme des Anbots deswegen nicht zustande kommen, weil ich entgegen den bisherigen Verhandlungsverlauf einen für das Zustandekommen des Geschäfts erforderlichen Rechtsakt ohne beachtenswerten Grund unterlasse, dann ist der Makler berechtigt, den Betrag in Höhe des vereinbarten Honorars als rechtmäßigen Schadenersatz in Rechnung zu stellen.“

  • Nun möchte man glauben, dass mit dieser Bestimmung ausreichend Vorsorge getroffen worden, dass der Makler seine Provision bekommt. Ja, aber auch da ist die Enttäuschung groß. Der OGH sieht es anders. Auch diesmal, im Lichte ständiger Judikatur zu solchen Vertragsklauseln wie (beinahe) immer zu Recht.
  • Nach § 31 Abs 1 Z 3 KSchG sind besondere Vereinbarungen für den Fall fehlenden Vermittlungserfolgs (§ 15 MaklerG) nur rechtswirksam, wenn sie schriftlich erfolgen.
  • Der Zweck dieser Regelung liegt darin, den Verbraucher vor Irrtümern, Überraschungen oder falschen Vorstellungen zu schützen.
  • Die Judikatur verlangt, dass solche schriftlichen Vereinbarungen für den Verbraucher deutlich erkennbar und eindeutig sind (Apathy, § 31 KSchG Rz 3 ua.).
  • Eine Vereinbarung, die nicht in der gesetzlich geforderten Form abgeschlossen wird, ist rechtsunwirksam. Der Makler kann daraus keinen Provisionsanspruch ableiten.
  • Unser Kaufinteressent (Beklagter) ist Konsument. Der Beklagte hat das Vorliegen einer wirksamen schriftlichen Vereinbarung bestritten. Dies obwohl sie von allen Beteiligten unterschrieben war.
  • Der OGH erkennt nun darauf, dass diese schriftliche Vertragsklausel tatsächlich nicht wirksam zustande gekommen war. Dies aus dem Grund, weil diese Vertragsklausel sich an einer Stelle des Vertragsformulars findet, deren Überschrift („Anbotsannahme, Fristen“) sich nicht bezieht auf die in der genannten Vertragsklausel beschriebene Verpflichtung des Konsumenten auch dann Provision zu bezahlen, wenn das Kaufvertragsgeschäft nicht zustande kommt, sondern ausschließlich auf andere Vertragspunkte, nämlich auf vorvertragliche Beziehungen zwischen den Parteien (Anbotsannahme, Fristen. Damit ortet der OGH eine „versteckte Vereinbarung“, die dem Verbraucher gegenüber nicht deutlich erkennbar ist und demnach auch nicht wirksam wurde (§ 864a ABGB).
  • Resultat: Die genannte Vertragsklausel entspricht nicht den Erfordernissen des § 31 Abs 1 KSchG. Sie ist deshalb rechtsunwirksam. Es musste daher auch aus diesem Grund die Klage des Maklers auf Zahlung der Provision rechtskräftig abgewiesen werden.
  • Ja, da staunt man nicht schlecht. Trotz Unterschrift auf eine Vertragsklausel war diese gegenüber den Konsumenten nicht wirksam. Dies, weil sie nicht eindeutig erkennbar für den Konsumenten war. Daraus ist nur ein Schluss zu ziehen: Nach Ansicht des OGH ist der Konsument dumm und schützenswert. Will der Makler nicht Geld verlieren oder besser, seine verdiente Provision auch tatsächlich erhalten, wird er sich darauf geeignet einzustellen haben.

3./ Empfehlung:
Aus dieser hochinteressanten, wenn vielleicht in der Branche der Immobilienmakler auch nicht uneingeschränkt auf Zustimmung stoßend, ist jedenfalls für die weitere Zukunft folgendes abzuleiten und zu empfehlen:

  • In den Maklervertrag eine ausdrückliche Bestimmung mit geeigneter Überschrift aufzunehmen (etwa „Bevollmächtigung“), die den Makler zur Entgegennahme der Annahmeerklärung des Abgebers bevollmächtigt (etwa: Der Kaufinteressent bevollmächtigt den Makler die Annahmeerklärung des Abgebers entgegenzunehmen, insbesondere mit der Wirkung, dass diese Annahmeerklärung des Abgebers auch direkt gegenüber dem Kaufinteressenten wirkt.)
  • Jedenfalls prompte Weiterleitung der Annahmeerklärung des Abgebers an den Kaufinteressenten.
  • Wenn Vertragsklausel, wie die oben beschriebene, in den Maklervertrag aufgenommen werden, dann sollten diese tunlichst in fett hervorgehoben werden und mit einer geeigneten Überschrift überschrieben sein, sodass auch der „dumme und schützenswerte“ Konsument leicht und erkennbar an der geeigneten Stelle nachlesen kann, dass er auch dann berechtigt ist Provision zu verlangen, wenn der Kaufinteressent einen „erforderlichen“ Rechtsakt unterlässt.
  • 4./ Ausblick:
    Ja, wenn der Makler dies alles neben all den anderen Dingen, die er zu beachten hat, auch noch beachtet, dann wird das Neue Jahr ein erfolgreiches Jahr.